Der dritte Band der Alibi-Reihe des geschätzten Autors Béla Bolten ist erschienen. Und dazu gibt es einiges zu sagen: Erstens ist die Alibi-Reihe eine etwas ungewöhnliche. Bolten lässt antreten: einen weniger erfolgreichen Irgendwiedreißiger namens Leo Liebig, der in Berlin einen Online-Sex-Handel betrieben hat – und in Münster weiterhin betreibt. In Münster aber hat er daneben eine Alibi-Agentur eröffnet, was ihn nicht darin hindert, morgens die Bestellungen aus dem Online-Sex-Handel zu überprüfen. Alibi-Agentur? Ja. Sie wollen mal so richtig gepflegt durch fremde Betten huschen? Die Alibi-Agentur besorgt Ihnen stichhaltige Belege dafür, dass Sie nicht etwa das Hotelzimmer in Münster haben verwüsten können, sondern zum Geschäftsessen in Barcelona weilten – falls der Partner misstrauisch werden sollte.
Aber wir waren ja noch beim Personal. Liebig zur Seite (oder auf der Gegenseite) stehen: Freund Kolja, Kriminalhauptkommissar in Münster, und Freund Moritz, Rechtsanwalt in Münster. Vor allem aber die Dame Jule Haller. Jule Haller war Schauspielerin am Münsteraner Stadttheater – bis ein Unfall sie querschnittslähmte und Jule als Angestellte von Liebig in dessen Agentur unterschlupfte respektive rollte. Wobei einige auch behaupten, die Dame im Rolli hätte gleich am ersten Tag ihres Angestellten-Daseins bei Liebig den Laden mehr oder weniger übernommen. Jule ist rasend schön, hochgradig selbstbewusst und ziemlich schlau; sie widerlegt das Klischee, von dem wir alle uns bei Rollifahrern nicht freimachen können. Und wenn die vier sich auf ein Glas treffen, trinken sie oft … ja ja, Absinth; ihr Trinkspruch lautet: Auf die systematische Verwirrung unserer Sinne! Das schaffen sie, die Sinne zu verwirren. Herrlich! Das zum Personal.
Zweitens zeichnet diese Reihe aus, dass sie mit dem Stammpersonal wunderbar und vielfältig spielt – aber auch die Verzweiflung der Protagonisten thematisiert. Schlicht und einfach: Ist das, was ich tue, moralisch vertretbar? Lebe ich richtig? Ich will Erfolg haben im Beruf. Aber auf wessen Kosten habe ich Erfolg? Boltens Quartett ist für solche Überlegungen, mit oder ohne Absinth, bestens geeignet. Das ist aller Ehren wert.
Und drittens sind Boltens Bücher – diese Reihe, wie auch die seiner Großreihe der Berg&Thal-Krimis (der nächste Band ist in Arbeit) – einfach gut geschrieben, spannend erzählt; sie kommen auf den Punkt. Man merkt einfach, dass Bolten zu den Routiniers des Gewerbes gehört. Ich bin sehr angetan.
Und nun zum Buch. Alibi für eine eiskalte Liebe, so der Titel, beginnt damit, dass eine Alibi-Kundin von Jule und Leo eines morgens leicht blutig ins Büro stürzt. Die Gute, eine Hausfrau, die sich von ihrem tyrannischen Mann trennen will, kommt von einem Freier und gesteht, dass sie soeben ein Messer aus dem Brustkorb des Herrn gezogen hat. Selbstredend hat sie das Messer am Ort der Tat gelassen, selbstredend hat sie die Fingerabdrücke nicht abgewischt. Überdies hat sie eine Visitenkarte mit falschem Namen hinterlassen– und beinahe selbstredend beteuert sie ihre Unschuld. So geht’s los, den Rest sollten Sie selbst lesen …
Nachtrag eine Woche nach Veröffentlichung, 22. Februar: Béla Bolten bekommt für das Buch gute Rezensionen, schauen Sie hier, Gesamtnote 4,6 von 5.