Um was es geht. Die Leiche (ohne die funktioniert ein Krimi um eine Mord-Kommission nicht) ist dieses Mal ein Prominenter aus Boltens Berg-Thal-Kosmos. Den Herr Nicolas Palme kennen Stammleser. Palme ist war der Leiter der Konstanzer Lokalredaktion des „Südkurier“. Kein Sympath. Dafür tot, niedergestreckt in seinem eigenen Haus von seiner eigenen Frau; die hat nicht nur reichlich Promille im Blut, sondern auch Schmauchspuren an beiden Hände. Frida Sturm ist erfolgreiche Liebes-Romancieuse mit Hang zu Tränendrüse, Rache und Drama. Und mit einem Vorleben, das so gar nichts mit der Konstanzer Feinlieblichkeit zu tun hat.
Die Protagonisten sind bei Béla Boltens Reihe »Berg und Thal« stets der Stamm: Alexander Thal, der Bergführer der Truppe: über sechzig, jetzt wieder kraftvoll, pedantisch, manchmal oberlehrerhaft, ein Teamspieler mit einzelgängerischen Anwandlungen. Bettina Berg, Stellvertreterin im Kommissariat und mit Beginn dieses Werks frisch verheiratet mit einem Rechtsanwalt und Freund von Alexander. Jonas Quandt und Caro Schiele, das Jungvolk, er schwul und taurin-, sie mit Punker-Herz und nikotinsüchtig. Und Madlaina Veicht, Schweizerin, Rockstar, Exprofilerin mit Karriere beim FBI – und nebenbei Thals Lebensmensch. Plus Schober, der Kriminalrat mit Eigenheiten. Die also sowieso. (Diesen Text habe ich nur leicht abgewandelt; ein Hoch auf Kontinuität!)
Und die Ergänzungsspieler. In diesem Werk, dem fünfundzwanzigsten (ja, 25!) aus der Berg-und-Thal-Reihe tritt einer auf, der es in sich hat: Diesen Julius Wolff (mit einem doppelten F, bitte), 50, Hamburger – und damit für Bodenseeler fast von einem anderen Stern – nimmt sich die Mordangeklagte zum Anwalt. Wolff ist ein durchschaubarer Typ, aber was man beim Durchschauen schnell sieht, lässt einen erschaudern. Sein Berufskollege Abel, eben der Gatte von Bettina Berg: »Ich habe über Wolff gesagt, dass er ein sehr guter Jurist ist. Dazu stehe ich. Gleichzeitig aber ist er ein Scharlatan. Außerdem halte ich ihn für einen Menschen, der über Leichen geht, um seine Interessen durchzusetzen. Ich wüsste nicht, was jemanden mehr für den Anwaltsberuf disqualifiziert als das.« In meinen Augen ein erstklassiger Protagonist. Und dann taucht da noch, Bolten-Fans aufgepasst!, eine alte Bekannte wieder auf. Mehr sage ich nicht.
Die Schreibe. Wie immer bei Bolten: überlegen. Nachvollziehbar, auf den Punkt. Dabei lässt Bolten, wie so oft, genug Raum, um auch die Beziehungen der Kommissariats-Protagonisten immer wieder anders anzuköcheln. ω Bolten ist einfach ein Routinier mit exakter Planung und Fantasie für weitere Romane. (Das ist auch nicht neu, aber weiter gültig)
Ist das realistisch? Aber ja.
Die beste Szene ist eine abenteuerliche: Jonas und Caro, der Kriminalisten-Nachwuchs, versuchen, eine Dokumentenmappe aus dem Bodensee zu fischen. Jonas ist vollkommen unfähig, sich dem Wasser zu nähern; Caro erweist sich als deutlich mutiger …
Warum Sie das Buch lesen sollten. Weil es aus der Berg-Thal-Reihe von Bolten ist. Sollten Sie noch keines der Bücher gelesen haben, nehmen Sie irgendeines zum Einstieg; auch dieses wäre geeignet.
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